Maximilian SteinbornGo back

Ein Crossover der Hyperaktivitäten: Bilder nervöser Montage-Roboter und flackernde Rave-Impressionen im schnellen Wechsel. Zwei Prozesse, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, Party und Endmontage, beide durchpulst von demselben Beat, demselben Begehren nach Wiederholung und Dauer: slaves to the rhythm. In Isabella Fürnkäs’ Videoarbeit In Ekklesia verkehrt sich das Urbild demokratischer Öffentlichkeit (die Ekklesia bildete in der Antike das Herzstück der attischen Demokratie) in eine Farce. Statt einer Versammlung freier, mündiger, um Diskurs bemühter Bürger/innen präsentiert uns Fürnkäs die Zusammenkunft von Mensch und Maschine, die sich stumm in einem Reigen endloser Betriebsamkeit ergehen. Die Automatisierung der Produktion – die Zukunft der Arbeit – setzt sich fort in der Automatisierung der Lust – die Zukunft der Freizeit. Die Frage, wo in alledem die Politik bleibt, wird an die Betrachter/innen delegiert.

Wiederholung und Gleichtakt führen langfristig entweder zu Lethargie oder sie provozieren Widerstand. Bisweilen sogar aktiven. Die Kommunikationstheorie hat für letzteres den Begriff des Bumerangeffekts geprägt. Der Bumerangeffekt bezeichnet die nicht-intentionale Wendung einer Kommunikationsstrategie um 180 Grad. Der Beeinflussungsversuch von Seiten des/der einen Kommunikationspartner/in löst auf Seiten des/der anderen das exakte Gegenteil dessen aus, was intendiert war. Letztere fühlt sich in ihrer Meinung, ihrem Vorhaben oder Verdacht trotz (bzw. wegen) der vorgebrachten Einwände und Gegenargumente gefestigter als vor dem Überzeugungsversuch. In der Wirtschaftspsychologie ist von Bumerangeffekt ganz offenkundig im Falle schlecht lancierter Werbekampagnen die Rede. Das Mehr an Werbung führt bei den Adressat/innen statt zu einer Erhöhung des Kaufinteresses zu Überdruss und Wut. Der Auftraggeber muss befürchten, dass sein Produkt künftig nicht nur seltener gekauft, sondern sogar gezielt boykottiert wird. Ein Bumerangeffekt kann den Beginn einer Revolte markieren.

In Fürnkäs’ gleichnamiger Performance haben wir es mit einer ganzen Serie von Bumerangeffekten zu tun. Ein gespaltenes Ego im Gespräch mit sich selbst; eine Kette halb zu Ende formulierter Aufforderungen und Fragen, die sich, einmal ausgesprochen, prompt gegen ihren Urheber kehren. Mal schließen sie sich spontan zum Pop-Zitat zusammen, mal verlieren sie sich in dadaistischen Aufzählungen. Fürnkäs' Performer, zwei Männer, beide weiß, beide blond, Doppelgänger, versuchen vergeblich, die beiden Hälften ihres Monologs zu einem Ganzen zu fügen. Zu Momenten des Sinns und des Kontakts kommt es hier aber eher aus Versehen. Dann: die Wendung. Sprachen bisher nur die beiden Männer, so melden sich nun zwei Frauen aus dem Publikum zu Wort. Das Stakkato ihrer Vorgänger aufnehmend, führen sie das Gespräch zu einem vorläufigen Abschluss. „Just continue to dissolve my personality“, heißt es an einer Stelle lakonisch. Es sind die (letzten?) Worte eines Bewusstseins, das sich selbst beim Verschwinden zusieht. Offen bleibt, ob es seinem Ende oder seiner Befreiung beiwohnt.